
🦠Der Tumor der Eltern-Kind-Entfremdung đź¦
30. Oktober 2024
💔👨‍👩‍👧‍👦➡️🌊 Eine Trennung oder Scheidung mit Kindern ist (fast) immer ein emotionaler Untergang.
30. Oktober 2024So oder so ähnlich lautet in aller Regel die Reaktion der meisten Menschen, wenn ich das Thema Eltern-Kind-Entfremdung (EKE) anspreche. „Na ja. Wieder so eine Mode-Diagnose aus Amerika.“ So oder so ähnlich wiederum die Reaktion noch immer erschreckend vieler Fachleute. Dabei ist die Eltern-Kind-Entfremdung ein gesellschaftliches Phänomen, dass in Deutschland jährlich schätzungsweise ca. 30 000 bis 60 000 Kinder (je nach Quelle) betrifft. EKE ist mittlerweile gut erforscht und seit 2019 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als psychische Kindesmisshandlung anerkannt.
Aber was ist diese Eltern-Kind-Entfremdung eigentlich?
Es ist eine ausnahmslos alle soziale Schichten übergreifende Begleiterscheinung vieler konflikthafter Trennungen. Ein unschönes Beziehungs-Finale, unschönes Aus, die Liebe wird zu Hass, Hass erzeugt Wut, Wut macht blind. Ist ein Kind da, wird es spätestens dann als die letzte noch funktionierende Waffe im Kampf gegen den/die verhasste/n Ex eingesetzt: die Kontakte und Umgänge zwischen dem Kind und dem/der Ex werden sabotiert, das Kind gezielt aufgehetzt, so dass es diesen Elternteil bald „ganz von selbst“ ablehnt. Bis dahin ist alles in aller Regel kaum wahrnehmbar, da ausgrenzende Elternteile nach Außen eine perfekte Fassade präsentieren. Und die blauen Flecken auf einer Kinderseele, die durch EKE entstehen und von versierten Expertinnen und Experten bereits vielfach beschrieben wurden, sind auf den ersten Blick ohnehin unsichtbar.
Entfremdung kann sehr subtil vollzogen werden. Durch kleine spitze Bemerkungen, schiefe Blicke oder ein abruptes Verlassen des Raums, wenn das Kind den anderen Elternteil erwähnt. Ein Zwei-Finger-Griff und ein vor Ekel verzogenes Gesicht, wenn ein Spielzeug „von ihm/von ihr“ angefasst wird. Fragen, ob das Kind den Papa/die Mama anrufen möchte – mit hochgezogenen Augenbrauen und eisiger Stimme. Kleinigkeiten eben, denen kaum jemand eine Bedeutung zuschreibt.
Was einen Elternteil zu einem solchen Verhalten animiert? In aller Regel sind es Abgründe, in die kein Mensch gern hineinschaut. Vom Hass und Rachesucht über Unwissenheit, Angst vor dem Verlassen werden bis hin zu psychischen Erkrankungen wie Borderline. Nicht selten spielen die Ereignisse aus der eigenen Kindheit des Elternteils eine Rolle: autoritäre Erziehung, Suchtproblematik der eigenen Eltern oder ihre psychischen Erkrankungen, Gewalt (auch sexualisierte oder psychische Gewalt), Vernachlässigung, Liebesentzug. Abgründe, die aber jemanden, der darin aufgewachsen ist und diese überlebt hat, dazu verleiten können, auch andere hineinziehen zu wollen. Eine Art Hilferuf. Sieh hin, so ging es mir. Das Tragische daran: wird diesen Elternteilen Hilfe angeboten, wird diese in aller Regel abgelehnt. Man brauche keine Hilfe. Es laufe doch alles wunderbar, wäre da nicht diese/r Ex. Er/sie allein sei der Störfaktor.
Es kommt Ihnen bekannt vor? Das kann gut sein. Bestimmt kennen Sie einige alleinerziehende Mütter oder Väter in Ihrer Umgebung. Mit hoher Wahrscheinlichkeit kennen Sie damit mindestens ein Kind, das Opfer der Eltern-Kind-Entfremdung ist. Und Sie kennen mindestens eine Täterin oder einen Täter. Schauen Sie nicht weg, wenn Sie Anzeichen von EKE bemerken. Setzen Sie sich für eine nachhaltige und positive Beziehung des Kindes zu beiden Eltern ein. Kinder brauchen beide Eltern.
GĂĽte in den Worten erzeugt Vertrauen, GĂĽte beim Denken erzeugt Tiefe, GĂĽte beim Verschenken erzeugt Liebe.
(Laotse, vermutlich 6. JH v.Chr.)
