
👨👧❓ „Eltern-Kind…was? Nie gehört…“ – Anna Pelz
30. Oktober 2024
💔👨👧⚠️ Eltern-Kind-Entfremdung ist vom Wesen her eine Form familiärer Gewalt – mit Folgen 🗣️ – Beate Blasius
30. Oktober 2024Es ist eine Situation, die niemand sich selbst oder seinen Kindern wünscht. Aber es passiert recht häufig – und ca. 200.000 minderjährige Kinder in Deutschland sind pro Jahr davon betroffen. Das ganze Leben ändert sich. Nun ist ein wesentlicher Unterschied zwischen Mensch und Tier, dass Menschen miteinander kommunizieren, über sich und andere reflektieren und nach Lösungen Ausschau halten könn(t)en.
Am Wiesbadener Psychotherapiezentrum, einer der größten ambulanten Psychotherapie-Einrichtungen Deutschlands, werden Patienten aller Altersgruppen behandelt, darunter über 500 Kinder und Jugendliche. Viele kommen in der Tat aus Trennungssituationen. Bei einigen geht es um Trennungsängste und Anpassung an die neue Lebenssituation; dies lässt sich therapeutisch meistens gut behandeln. Die schwierigen und leider auch häufigeren Fälle sind jedoch, wenn wir Therapeutinnen und Therapeuten uns mit dem Streit zwischen den getrennten Eltern auseinandersetzen müssen, und uns wehren müssen, auch in den Sog des Untergangs einbezogen zu werden.
Trotz der großen Kränkungen und Verletzungen nach einer Trennung, vergessen viele Eltern, einige Basics, die zeigen, wie sinnlos, destruktiv und masochistisch das Trennungsverhalten der Eltern häufig ist: Da Kinder schon rein genetisch betrachtet, je zur Hälfte mütterliche und väterliche Anteile haben, sind Aussagen, wie: „Hoffentlich wirst du nicht wie dein Vater“ völlig fehl am Platz. Aus psychodynamischer Sicht ist jedoch das Schlimmste, der Einfluss dieser Elternaktionen auf das spätere Selbstwertgefühl der Kinder: Das sich meine Eltern getrennt haben, schmerzt. Aber, dass ich einen von beiden nie mehr wiedersehe oder wiedersehen darf, dies ist ein Verlust, der einem Tod gleichkommt. Als getrennter oder geschiedener Partner kann ich sagen, „ich hoffe, dass wir uns nie mehr sehen“, „du kannst mir gestohlen bleiben“, „du bist für mich gestorben“. Aber wie soll ein Kind ein gesundes Selbstbild, ein Männer- und Frauenbild für spätere Beziehungen entwickeln, wenn 50% nicht nur fehlen, sondern schlecht sind?
Wir erleben dies tagtäglich, dass einige Eltern über Jahre ein solches destruktives Verhalten an den Tag legen, sich von keinem Gericht etwas sagen lassen, die Bedürfnisse ihres Kindes völlig vernachlässigen – und hoffen, dass sie dadurch das Kind auf ihre Seite ziehen können. Nun werden Kinder größer und älter, und sind mit 18 Jahren in Deutschland volljährig. Wie oft erleben wir es bei Therapien, dass Jugendliche oder junge Erwachsene nicht nur froh sind, aus den „Klauen“ des besitzergreifenden Elternteiles entkommen zu sein, sondern dann auch die Beziehung zu dem bisher vermissten Elternteil (meistens dem Vater) aufbauen und dadurch die Geschichten, die sie jahrelang gehört haben, sich völlig relativieren („so schrecklich ist doch mein Vater gar nicht“, „jetzt verstehe ich, dass meine Mutter ihn gar nicht an mich herangelassen hat“).
Und, das Ergebnis: Alle haben verloren! Das Kind ist emotional gestört, hat ein niedriges Selbstwertgefühl, Probleme im Leben und mit Beziehungen zurecht zu kommen; das spaltende Elternteil hat kaum mehr Kontakt zum Kind (denn um das Kind ging es nie, sondern um die eigene Kränkung und um Machtspiele); und das andere Elternteil hatte sowieso keinen Kontakt mehr zu dem Kind.
Wenn Menschen ihre Selbstreflexion und ihr Konfliktlösungspotenzial nicht verwenden wollen, dann muss in diesen Fällen aufgrund der Kindeswohlgefährdung, im Rechtsstaat der Gesetzgeber und/oder die Gerichte einschreiten. Einem Kind ein Elternteil vorzuenthalten ist Kindeswohlgefährdung! Ich bin seit vielen Jahren ein Befürworter der sog. Doppelresidenz, und in einer Zeit von Homeoffice, konnten viele frühere Hürden abgebaut werden. Wenn ein Kind erlebt, dass die Eltern trotz partnerschaftlicher Trennung noch Eltern geblieben und verfügbar sind, dass ist zwar das Schiff untergegangen, aber mit Hilfe von Rettungsbooten kann ich neue Ufer erreichen.
Güte in den Worten erzeugt Vertrauen, Güte beim Denken erzeugt Tiefe, Güte beim Verschenken erzeugt Liebe.
(Laotse, vermutlich 6. JH v.Chr.)
