
💔👨👧👦⚠️ Eltern-Kind-Entfremdung ist eine ernst zu nehmende Form von psychischer Kindesmisshandlung 🧠 – Dr. med. Wilfrid v. Boch-Galhau i. R.
30. Oktober 2024
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7. November 2024Eine pathologische Eltern-Kind-Entfremdung potenziert den Schaden für das Trennungskind erheblich im psychosozialen Bereich. Der ausgegrenzte Elternteil geht nicht nur nach außen verloren, sondern wird als verbotenes Objekt nach innen gelöscht.
Nach innen bedeutet dies die Abspaltung der Hälfte der Identität des Kindes einschließlich der verbotenen positiven Gefühle, Erinnerungen und Bilder an gemeinsame Jahre. Die Folgen: ein unklarer Selbstbezug, ein Trauerverbot und eine signifikante Selbstwertregulationsstörung. ach außen benötigt der ausgrenzende Elternteil das Kontaktverbot zum ausgegrenzten Ex-Partner, nicht nur um z.B. Rache für in der Beziehung erlittene Kränkungen zu üben und finale Macht zu demonstrieren, sondern auch und besonders, um die verurteilende Fake-Botschaft vom „bösen Vater“ oder von der „grauenhaften Mutter“ keinem informatorischen Abgleich an der Realität auszusetzen. Denn dies könnte zur Infragestellung der offiziellen Doktrin vom dämonisierten „Anderen“ führen und verhindern, dass sich beim gemeinsamen Kind das neue Feindbild dauerhaft und unwiderlegbar festsetzt.
Wir kennen dieses Phänomen aus der Geschichte und aus aktuellen Nachrichten: Totalitäre Staaten setzen das Mittel einseitiger fanatischer Hetze ein und verbieten die Nutzung alternativer Informationsquellen, damit das totalitäre Narrativ im Bewusstsein der Adressaten allmählich zur eigentlichen Realität wird. Man nennt das in der globalen Politik Umerziehung durch Hirnwäsche und Demagogie. Dafür baut man große Lager, und damit bereitet man Kriege vor oder führt sie mit großer Anhängerschaft, wie wir aktuell erleben. Die Opfer in Familien sind die Kinder. Sie fallen zuerst auf dem elterlichen Schlachtfeld, dann folgen die Großeltern, Freunde und Verwandten, bis die Welt gereinigt ist und der totalitäre Anspruch des entfremdenden Elternteils durchgesetzt ist, der im wahrsten Sinn des Wortes die Erziehungsgewalt als seelische und soziale Gewalt missbraucht. In den scheidungsbegleitenden Professionen finden sich manche willigen Helfershelfer der Entfremdung, die manchmal nicht wissen, was sie tun, oder – was sehr viel gefährlicher ist – zwar wissen, was sie tun, sich aber verpflichtet fühlen, gewisse oft sehr emotional geladene soziale Ideologien vorrangig durchzusetzen und dabei die ihnen schutzbefohlenen Kinder übergehen.
Aus einem einst primär äußeren Kontaktverbot wird damit schließlich ein verinnerlichtes. Die emotionalen Brücken zum ausgegrenzten Elternteil fallen. Das verinnerlichte Kontaktverbot schafft mit der Zeit eine Art betäubte Stelle in der Seele gegenüber dem Verlorenen und besteht unterschwellig und oft ein Leben lang fort. Die pathologisch entfremdeten Kinder kommen oft nicht mehr, wenn sie älter werden und ein eigenes Smartphone haben, auf den ausgegrenzten, den entsorgten Elternteil zu und machen sich neugierig auf Wahrheitssuche. Dies wird gerne als gutgemeinter Tröstungsversuch angeboten, löst sich leider aber nicht so häufig ein wie erhofft.
In den vergangenen Jahren nahm ich immer wieder Patientinnen und Patienten meist erst jenseits der 30 in Therapie, wenn es um die Frage von Partnerschaft und der eigenen Familiengründung ging.
Gemeinsam war ihnen eine parasitäre Dyade mit dem betreuenden Elternteil, meist Müttern, in geringerer Zahl auch Vätern, die von Hass bestimmte Ausgrenzung des aushäusigen Elternteils, der angeblich oder tatsächlich in seiner Familienrolle schwer versagt hätte, und die systematische Vereitelung weiterer sozialer Kontakte zu ihren verstoßenen Vätern oder Müttern. Die Symptomatik der jungen Patientinnen ähnelte sich in Form erheblicher, wiederkehrender depressiver Episoden, chronischer Kontakt- und Beziehungsstörungen mit dem Ergebnis immer wieder scheiternder Beziehungen. Aber nicht einmal die therapeutische Bearbeitung der entwicklungsfeindlichen Symbiose mit der primären Bindungsperson und die Gewinnung zunehmender adulter Autonomie führte zum erwartbaren Wunsch, die jeweils noch lebenden Elternteile zu klärenden Kontaktgesprächen aufzusuchen und deren Geschichte zu hören.
»Verlorene Zeit, ich habe zu meinem Pizzabäcker mehr Gefühlskontakt als zu meinem leiblichen Vater, auch wenn ich heute weiß, dass Mutter mich hinten und vorne angelogen hat«, hörte ich eine von ihnen sagen und notierte mir ihre Aussage, weil sie so bezeichnend und repräsentativ ist. Sie vernichtet die Hoffnung vieler ausgegrenzter Elternteile auf eine glückliche späte Wiederbegegnung mit dem verlorenen Kind. Oft gibt es eben keine Brücke mehr, da ab einem bestimmten Zeitpunkt auch keine gemeinsam gelebte Biographie besteht. Über welche Erinnerungen, welche gemeinsame Ferien und Geburtstage sollte man denn reden? Es gab keine.
Die Biographien zerstörende Wirkung der induzierten Eltern-Kind-Entfremdung spiegelt sich nicht nur wider in der seelischen Symptomlast der Kinder. Sie durchzieht die Biographie der Betroffenen bis ins hohe Alter.
Ein Handwerksmeister in einer depressiven Bilanzkrise jenseits der 60 revidierte sein Leben und suchte nach der Quelle seiner Depressionen. Der Vater war früh im Scheidungsprozess der Eltern verlorengegangen. Er und sein Bruder hatten die Berichte der Mutter über den „schrecklichen Menschen“ nie angezweifelt. Als sie nach Mutters Tod den Nachlass ordneten, fielen den Brüdern viele Dokumente, Briefe, Fotos und Schriftstücke in die Hände, aus denen eine andere Wahrheit sprach.
Depression wandelte sich in Trauer und viele alte ungeweinte Tränen. Der Handwerksmeister schrieb dem längst verstorbenen Vater einen Liebesbrief und steckte ihn die Graberde.
»Sie sterben den lebenden Tod des Herzens« spricht Prof. Richard Gardner, der amerikanische Kinderpsychiater, der das Parental Alienation Syndrom konzeptualisiert hatte, beim Blick auf das Schicksal der ausgegrenzten Elternteile.
Vergessen wir also nicht das Leiden der um ihre Kinder gebrachten Eltern, Großeltern, Verwandten und Freunde, die eine deutlich erhöhte Selbstmordrate aufweisen gegenüber der Durchschnittsbevölkerung, eine hohe Inzidenz zu Depressivität, Sucht, psychosomatischen Erkrankungen und chronischen Schmerzsyndromen. (s. Ester Katona, Freiburg 2008)
Wird die Naturwissenschaft zum neuen Kompass?
Die Bioinformatik hat die Unentbehrlichkeit des Kontakts eines Kindes zu beiden Elternteilen nunmehr naturwissenschaftlich unterlegt. Ein leiblicher Elternteil ist nicht austauschbar gegen einen „sozialen“ Elternteil, zumindest nicht ohne erhebliche Einbußen an kindlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Anders als Stiefmutter, Stiefvater oder Pflegeeltern verfügen nur die beiden biologischen, die natürlichen Eltern, über den Schlüssel zum epigenetischen Gedächtnisspeicher, der unserer DNS aufgeprägt ist und den Schatz erworbener Erfahrungen im Umgang mit unserer genetischen Ausstattung enthält.
Er bildet auch die Grundlage für die transgenerationale Weitergabe von Erfahrungen, leider auch der traumatischen, und zwar irreversibel. Dieser Schlüssel, mit dem es den optimalen und effizientesten Umgang mit seiner epigenetischen Ausstattung einüben kann, steht dem Kind dann nicht zur Verfügung, wenn leibliche Elternteile nicht präsent sind.
Damit steht ein neuartiges Paradigma zur Bestimmung von kindeswohlgerechten Weisungen im Raum, das nicht mehr übergangen werden kann. Der Bioinformatiker Prof. Peter Beyerlein (TH Wildau, Brandenburg) hat dies sehr detailliert erforscht und wissenschaftlich beschrieben.
Güte in den Worten erzeugt Vertrauen, Güte beim Denken erzeugt Tiefe, Güte beim Verschenken erzeugt Liebe.
(Laotse, vermutlich 6. JH v.Chr.)
